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SURF & THE NXT CHOCOLATE CAKE

  • Autorenbild: Deborah Renger
    Deborah Renger
  • 21. Mai
  • 8 Min. Lesezeit

Es ist irgendwie Wahnsinn, wie die Zeit vergeht und wie sich langsam so etwas Ähnliches wie ein „Alltag“ einstellt. Morgens aufwachen – oder sagen wir mittags – und erst einmal einen Kaffee oder ein Heißgetränk der Wahl, in meinem Fall Tee. Für mehr fehlt mir oft die Kreativität, und Hafermilch mit Kakao schmeckt einfach nicht. Irgendwie macht mich die Zeitverschiebung in Portugal noch total verrückt, was den Alltag angeht, denn falls ihr das noch nicht wusstet: Portugal ist Deutschland eine Stunde zurück.

Nachdem ich erst einmal die Gefühlslage des Tages gecheckt habe, wird ein grober Plan für den Tag gemacht, welcher im Optimalfall noch drei Mal im Laufe des Tages abgeändert wird. :)

In dieser Woche stand ganz oben auf der Wunschliste, endlich mal wieder surfen zu gehen und zu schauen, ob ich noch fit genug bin, um im Line-up die eine oder andere Welle zu bekommen. Da ich direkt neben einer Surfschule stand bzw. nur ein paar Minuten mit dem Rad entfernt war, wollte ich mich natürlich gern zu einem Kurs anmelden. Nach langem Zögern und Überlegen, welcher Kurs denn der richtige wäre (bin halt kein richtiger Beginner mehr, sondern kann schon ein bisschen mehr), wurde ein Kurs für „experienced Beginner“ ausgewählt. Mit klopfendem Herzen (natürlich vor Aufregung) bin ich zur Schule gefahren – und tadaaa, ich stand vor geschlossener Tür.


Na gut, dann halt morgen!


Da ich sowieso an dem Tag noch Wäsche waschen wollte, bin ich dann halt zu einem Waschsalon gefahren – im Gepäck all meine Lieblingsshirts und Bettwäsche, die unbedingt einer Reinigung bedurften. Eins ist mir tatsächlich erst auf der Fahrt klar geworden: wie schnell Kleidung usw. dreckig wird. Und da ich es immer echt gern sauber habe (muss wohl am Beruf liegen), fühle ich mich so auch etwas wohler.

Am Abend, bevor also das große Waschen beginnen sollte, musste ich mich erst einmal mit der Thematik „Waschsalon“ auseinandersetzen. Laut meiner Recherche sollte das erschreckend leicht werden. Ein Problemchen stand aber im Raum: Da in den gebräuchlichen Waschsalons vorwiegend mit Münzgeld bezahlt wird, musste erst einmal Kleingeld her. Natürlich wollte ich gern auf Portugiesisch fragen, ob mir jemand in einem Laden Geld wechseln kann. Die volle Frage auf Portugiesisch ist also wie folgt: „Você pode me trocar troco?“ Es stellte sich dann heraus, dass der Waschsalon meiner Wahl Self-Service hatte und ich ganz casual mit Karte bezahlen konnte. Gott sei Dank!

Als sich die Trommel der Waschmaschine dann endlich anfing zu drehen, war auch Zeit für mich, etwas zu entspannen, ein bisschen zu lesen, die Locals beim Wäschewaschen zu beobachten und nebenbei noch etwas Strom und Internet zu schnorren. Eins ist irgendwie klar: Angewohnheiten von daheim bleiben einem doch auch auf Reisen erhalten, also liebe ich es natürlich, People Watching zu betreiben.

Nach einem entspannten Vormittag im Waschsalon fuhr ich mit herrlich duftender Wäsche wieder zu meinem Zuhause auf vier Rädern, und dann gab es erst einmal Mittagessen. Da für die nächsten Tage feststand, keinen direkten Plan zu haben und nur surfen zu gehen, ist auch nicht besonders viel passiert – aber genau das ist ja auch das Ziel: einfach mal Ruhe zuzulassen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Ich habe mir jetzt auch das Ziel gesetzt, jeden Abend den Sonnenuntergang zu beobachten, egal wie windig oder kalt es ist. Ja, das Wetter war diese Woche im Norden von Portugal bedeutend kälter als zum gleichen Zeitpunkt in Deutschland. Ich habe mich aber trotz SPF und wenig Sonnenstunden verbrannt. Wie auch immer das möglich war – denn eins sei gesagt: Ich bin ja sonst eher so der Typ Sonnenbrand, aber Sonnencreme wird mittlerweile auch beim Autofahren als Prophylaxe aufgetragen.




Am nächsten Tag war es dann also so weit: die ersten Surfstunden seit einer ganzen Weile. Da ich den Spot und die Welle nicht kenne, ist es als Alleinreisende immer noch etwas sicherer, mit einem Local surfen zu gehen, der die Gegebenheiten des Strandes und der Welle kennt. Der Forecast für den Tag sah auch ganz fein aus: 1,5 m max, 300 kJ Kraft und 12 Sek. Periode der Wellen.

Der Surflehrer war auch echt nett und meinte zu Beginn nur, dass es heute hart und anstrengend wird. Mit dem Satz „You have to paddle a lot today“ starteten wir also ins Wasser. Ich also mit klopfendem Herzen, einem etwas kleineren Hardtop-Board, immer den anderen hinterher.



Strand Costa Brava
Strand Costa Brava

Erstaunlicherweise habe ich über die letzten Monate nicht so viel verlernt, und ich danke auch der lieben Dana mit ihrem Yoga, was wirklich eine richtig gute Vorbereitung für solch sportliche Aktivitäten ist. Wenn man einmal eine Welle bekommen hat, konnte man sie bis zum Strand surfen und musste dann durch die Inside (den Bereich, wo alle Wellen brechen und zum Strand laufen) wieder hinaus. Das war echt hart, und ich habe an dem Abend noch von vor mir brechenden Wellen geträumt. Wenn man von so einer Session als Anfänger unbeschadet heimkommt, hat man echt Glück. Ich hatte es jetzt nicht unbedingt: Eine Finne meines Boards touchierte meinen Oberarm und hat sich dort verewigt. Jetzt, ein paar Tage später, finde ich, sieht der blaue Fleck aus wie der afrikanische Kontinent. Wer braucht schon Tattoos, wenn man so etwas haben kann? ;)

In dem Kurs habe ich noch einen ganz netten Berliner kennengelernt, der mit seiner Familie auf Elternzeit war. Nach einer kurzen Unterhaltung über Stellplätze und die Welt habe ich beschlossen, einen weiteren Tag in Costa Nova zu bleiben, eine weitere Surfstunde zu nehmen und dann erst weiterzufahren. Am Nachmittag war dann Einkaufen, Wasser auffüllen und der alltägliche Haushalt dran. Eins sei gesagt: Aufwaschen tue ich immer noch nicht gern und versuche, das so weit es geht hinauszuzögern.

An dem Abend hatte ich bei meinem alltäglichen Spaziergang zum Sonnenuntergang (bei heftig viel Wind) jemanden, der mit mir gemeinsam das Farbspiel des Abends bewundern konnte. Eins steht fest: Ich werde die drei mal besuchen, wenn ich mal wieder in Berlin bin.

Die Surfstunde des nächsten Tages toppte nochmal den Surf vom Vortag, und ich konnte trotz Muskelkater ein paar richtig nice Waves catchen. Am Nachmittag hieß es dann Abschied nehmen, da die drei Berliner weiter Richtung Norden wollten und ich weiter Richtung Süden fuhr. Da sich seit den letzten Tagen das dringende Bedürfnis nach einer warmen Dusche eingestellt hatte, buchte ich kurzerhand einen Stellplatz mitten auf einer Olivenfarm. Der Stellplatz hatte echt gute Bewertungen, und ich wollte einfach nur mal wieder richtig schön warm duschen. Es ist echt Wahnsinn, wie sehr man so etwas Banales anfängt zu schätzen und als Highlight des Tages zu sehen.

Ich fuhr mal wieder über Land, weil das einfach schöner ist als immer Autobahn zu fahren, und vor allem sieht man mehr und auch Ecken, die jetzt wahrscheinlich nicht so populär sind. Vor allem lernt man durch die hervorragenden Navigationskünste von Google Maps auch wunderbar enge Straßen kennen.

Als ich dann endlich da war, wurde ich erstmal auf dem Grundstück herumgeführt. Ich wusste ja nicht, worauf ich mich zu diesem Zeitpunkt eingelassen hatte. Es gab eine Vertrauensbar mit Weinen aus der Region, Eis, das echt suuuuper lecker war, und es wurde für abends und zum Frühstück angeboten, dass man Gerichte bestellen konnte, die dann an den Van gebracht wurden. Völlig überfordert mit diesem reichen Angebot bestellte ich also Frühstück für den nächsten Morgen und kochte abends selbst ein Curry, das so scharf war, dass ich jeglichen Käse, den ich da hatte, hineingeben musste, damit es etwas milder wurde.

Nicht nur, dass ich mich völlig fehl am Platz vorkam, weil alles – um ehrlich zu sein – echt versnobbt war, ich senkte auch nur mit meiner Anwesenheit den Altersdurchschnitt der Gäste. Naja, ich dachte mir nur: „Ich bin hier für eine warme oder vielleicht heiße Dusche“, ... welche wunderbar war.

Am nächsten Tag stand dann noch eine Führung durch die Olivenölproduktion an, und es wurde der Unterschied zwischen „normalem“, „virgin“ und „extra virgin“ Olivenöl erklärt. Nach einem kleinen Tasting wurde natürlich kräftig geshoppt. Die Besitzerin der Olivenölfarm gab uns mit Hingabe Tipps, wie man das beste Olivenöl im Supermarktregal finden kann. Und als ich fragte, was man in der Gegend noch so erkunden kann, wurde mir der wohl beste Schokokuchen der Gegend empfohlen. Das lasse ich mir ja nicht zweimal sagen, und da der Laden sowieso auf dem Weg lag, musste ich ja quasi dort anhalten.






Am Tag der Abreise stand eigentlich Nazaré auf dem Plan, aber da Freitag war, wurde mir davon abgeraten, da die Stadt am Wochenende wohl vor Touristen überquillt. Nazaré ist vor allem durch die Big-Wave-Szene bekannt geworden, die jedes Jahr von Oktober bis März die größten Wellen Europas hervorbringt.

Vor der Steilküste von Nazaré gibt es einen Unterwassercanyon, der kurz vor der Küste flach wird. Bei dem richtigen Swell wird die ganze Energie, die durch den Canyon strömt, gebündelt, und so entstehen Wellen im Hochhausformat.

Da ich wirklich keine Lust hatte, mich durch enge Gassen mit so vielen anderen Menschen zu quetschen, wurde stattdessen noch die Kirche neben dem Café mit dem Schokokuchen erkundet.


Alcobaca
Alcobaca

Mir blieb der Atem weg, als ich in dem riesigen Gebäude stand, das ein ehemaliges Kloster war und über mehrere Jahrhunderte gebaut wurde.


Auf den Steinen der Mauern haben sich die Baumeister alle mit ihren Initialen verewigt, um zu kennzeichnen, wer in welcher Generation an dem Kloster mitgewirkt hat.


Es waren wirklich viele Initialen an jeder Mauer zu entdecken. Ganz im Gegensatz zu katholischen Kirchen, die oft vor Gold nur so protzen, war diese Kirche atemberaubend durch ihre Bauweise. Die hohen Decken und die Details führten dazu, dass ich aus dem Staunen nicht mehr herauskam und irgendwann Nackenschmerzen hatte vom ganzen Hochschauen.





Dann ging es weiter auf einen kleinen Stellplatz mit Blick auf Nazaré. Angekommen am Platz hatte ich das Glück den Platz von einem deutschen mit seinem riesen MAN zu bekommen.

Naja, ich wartete brav, bis das riesige Schiff endlich ausgeparkt hatte. Im Hintergrund hupte mich schon ein Portugiese ungeduldig an, was ich mit einem Handwinken aus dem Fenster abtat. Ich hätte niemals von mir gedacht, dass es sich dann doch irgendwann mal einstellt, nicht immer alles so hinzunehmen und auch mal Kontra geben zu können. Ich bin ja sonst eher der Typ „jaaaa keinen Konflikt provozieren“. :)

Als ich dann endlich in der Parklücke stand, bemerkte ich, dass ich echt schräg stand. Da aber zu diesem Zeitpunkt kein weiterer Platz frei war, wurde die Situation akzeptiert und an den Strand gegangen.

Ich stand jetzt schon öfter schräg an diversen Plätzen und habe festgestellt, dass eine Neigung mit Kopftieflage doch die unangenehmste ist.

Am nächsten Tag war es wieder Zeit, weiterzufahren und ein neues Café auszuprobieren, welches leider geschlossen hatte. Dafür hatte aber der Pizzaladen direkt um die Ecke offen, und so wurde es halt eine Pizza am Strand.

Für alle, die sich fragen, wo ich mich derzeit so herumtreibe: Ich bin gerade kurz über Lissabon und erkunde die Strände der Region.

Ich muss auch ehrlich sagen, dass es derzeit viel schöner ist, an einem Strand mit Meerblick morgens aufzuwachen, als auf einem random Parkplatz in einer Stadt.



Baleal Beach
Baleal Beach

Am Samstagabend wollte ich endlich mal wieder fotografieren, und da noch ein paar Surfer draußen waren, wurde das neue Zoomobjektiv meiner Kamera ausgetestet. Etwa nach einer halben Stunde gesellten sich zwei Französinnen zu mir und fragten, ob ich von den drei Surfern Bilder mache. Es stellte sich dann heraus, dass das ihre Freunde waren, und sie fragten, ob sie die Bilder bekommen könnten, wenn ein paar gute dabei sind. Ich fand schon, und so wurde ich dann noch ganz herzlich auf einen Cider eingeladen.

Gerade an Tagen, an denen das Alleinsein wirklich nicht so leicht ist, passieren in letzter Zeit häufiger solche Gelegenheiten des kurzen Quatschens und des Austauschs. Das ist wirklich schön. Meist sind das zwar nur sehr oberflächliche Unterhaltungen, aber auch sehr herzliche und lockere Bekanntschaften.

Und so schnell war also wieder eine Woche herum.



TIME FLIES!


 
 
 

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