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FLOW

  • Autorenbild: Deborah Renger
    Deborah Renger
  • 3. Juni
  • 8 Min. Lesezeit

Hallo, hier bin ich wieder mit ein paar Impressionen und Gedanken der letzten Wochen. Die Zeit verfliegt hier so schnell, dass ich doch glatt lange nichts mehr geschrieben habe. Im Süden merkt man langsam, dass Sommer wird – nicht nur an den Temperaturen, auch daran, dass die kleinen Dörfchen, welche wie in einem Winterschlaf waren, aufwachen und alles für die Hauptsaison vorbereiten.


Nach und nach machte ich mich vor anderthalb Wochen also weiter in den Süden von Portugal, bis es nicht mehr auf dem Land weitergeht. Hier und da fand ich auch einen schönen Stellplatz an einem Flussdelta und durfte Bekanntschaft mit zwei Briten schließen, welche vorhaben, nach Portugal auszuwandern und mit ihrem kleinen Wohnmobil auf Haussuche sind.




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Der Weg führte mich durch verträumte Täler bis nach Ericeira weiter. Es wird auch immer schwerer, einen guten freien Stellplatz zu finden, da die Städte Peniche und Ericeira bekannt für ihre guten Wellen sind und dadurch natürlich viele Surfer*innen anziehen. Es ist wundervoll anzusehen, wie die Surfer ihren Weg durch die kleinen Gassen bis ans Meer laufen, um eine gute Zeit im Wasser zu haben. Ericeira ist eine Stadt, welche noch recht verschlafen wirkt – zumindest in der Mittagszeit. Als ich mich mit einer Freundin traf, welche schon seit vielen Jahren in Ericeira wohnt, wurden mir auch etwas die Augen geöffnet, was dieser massive Surftourismus mit der Stadt gemacht hat und was dies auch für die Locals bedeutet. Oft fährt man als Tourist (guess I'm part of the problem) mit einer wirklich sehr romantischen Sicht auf die Dinge durch Portugal oder Spanien, ist fasziniert von dieser wirklich wunderschönen Landschaft und möchte eine gute Zeit haben. Auf der anderen Seite sieht man 6-Meter-Wohnmobile, welche 4 Parkplätze einnehmen, auf einem Stellplatz mit einem Quad auf dem Anhänger (weil man ja auch irgendwie noch ohne dieses Riesenschiff unterwegs sein möchte), Höhenbegrenzungen, damit die schönen Strände nicht alle voller Camper stehen, und auch so viel unbewussten Umgang mit Müll und dessen Entsorgung. Kein Wunder, dass die Regierung in Portugal dem irgendwann ein Ende gesetzt hat und das Freistehen in Portugal auf ein Minimum begrenzt hat (im Süden noch sehr viel strikter als im Norden).


Überall kann man kleine Läden entdecken, welche neben Surf- und Badebekleidung


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auch kleine, mit Hand gefertigte Schmuckstücke anbieten. Am Tag, als ich in der Stadt ankam, fand ich ein kleines Plätzchen auf einem Campingplatz neben einer Familie mit zwei kleinen Kindern, welche abends doch sehr gut zu verstehen gaben, dass sie noch nicht ins Bett wollen. Kann ich auch gut verstehen, bei dem Sonnenuntergang, den sie da verpassten.

Mal eben an den Strand gehen ist auch in Zentralportugal damit verbunden, viele Auf- und Abstiege in Kauf zu nehmen, und die Beine wurden weiter trainiert. Auch die Wanderbirkis sahen in den letzten Wochen so einige Meter. Die Sonnenuntergänge hier im Süden sind einfach magisch und immer so einen kleinen Spaziergang wert. Ich genieße gerade auch sehr das „Sich-Treiben-Lassen“ und mal hier und da in einen kleinen Laden zu schauen oder einfach auf einer Bank zu sitzen und das Meer zu beobachten.

Nach zwei Tagen in Ericeira war es dann an der Zeit, weiterzuziehen.




Auf dem Weg nach Vila Nova de Milfontes wurde die eine oder andere Grenzerfahrung mit Touristenhochburgen wie Sintra gemacht, und auch dann entschied ich, dass Lissabon nicht mein Place to be sein wird und ich einfach nur durchfahren werde. In der Rush Hour bei Sonnenuntergang durch Lissabon zu fahren stellte sich auch als Herausforderung für Geist und Seele heraus. Es war aber trotzdem ein beeindruckender Anblick, über die Brücke zu fahren, welche doch sehr an die Golden Gate Bridge erinnert (auch wenn das die Menschen, welche in Lissabon leben, nicht gern hören, dass es da erschreckend viele Parallelen gibt). Mich sehnte es an diesem Tag sehr nach Ruhe, welche ich auf einem kleinen Stellplatz (laut P4N der einzig freie im Naturschutzgebiet um Vila Nova de Milfontes) auch fand. Es war endlich mal Zeit, das Meer so richtig zu genießen (also so mit Schwimmen gehen und so :)).






Back on track – am nächsten Tag wollte ich gern mal wieder den Local-Strand bei Milfontes anschauen, da ich dort ja im Oktober wahrscheinlich wieder kreativ sein darf in einem Retreat. Zurecht ein Naturschutzgebiet – und angekommen an diesem besonderen Ort wirkte das Wasser noch etwas blauer und klarer als an den umliegenden Stränden. Das Wasser war so klar, dass die Fische, welche in den Wellen schwammen, sichtbar wurden und vielleicht auch vor Freude über diesen besonderen Ort in die Luft sprangen. Solche kleinen Momente machen auch die Zeit im Wasser unvergesslich. Ich war zwei Tage dort surfen mit einem Coach, welcher wirklich hochmotiviert war, auch den eher mäßig guten Bedingungen das Maximum herauszuholen. Am ersten Tag fühlte ich mich mit dem riesen Softtop-Surfboard wie auf einer Nussschale, welche hilflos den Gezeiten ausgesetzt war. So richtig sehen, was ich da machte, konnte ich auch nicht, da im Sekundentakt der Wind mir die Gischt in die Augen wehte. Nach so einer Session war es dann auch für mich wichtig, mir klarzumachen, dass man in solch shitty conditions auch irgendwann lernen kann – zum Beispiel einen wunderbaren Nosedive hinzulegen.

Auf dem Campingplatz hatte ich noch nach good old German Art meinen Platz für den Van markiert mit meinem Handtuch – wurde mir so geraten an der Rezeption, weil freie Platzwahl auf dem Platz galt.


Am Abend auf dem Campingplatz fand dann die liebe Kim neben mir ein kleines Plätzchen. Am Anfang dachte ich noch: „Wer um Himmels willen kommt denn bitte um halb zwölf noch auf den Platz mit seinem Flitzer?“ Und geendet hat es damit, dass ich ihr morgens einen Kaffee anbot, und wir ab dann zusammen unterwegs waren. Das hieß: zusammen zum Strand, um etwas Bräune zu bekommen – oder sagen wir: Röte? :)

Da ich am Abend noch einen Surf hatte, wartete Kim ganz geduldig, bis ich surfed out war. Happy mit dem Fortschritt und den tollen Wellen des Tages düsten wir gemeinsam zurück und gingen abends noch gemeinsam essen.

Das Restaurant, das wir aussuchten, war mit Locals gefüllt – was ja meist ein gutes Zeichen ist. Nur leider setzten wir uns neben das gefühlt einzige deutsche ältere Pärchen, welches großen Kommunikationsbedarf hatte. Und wenn ich „älteres Pärchen“ sage, dann meine ich das Kaliber 6-Meter-Campingmobil mit Heckgarage. Der Gesprächsopener ihrerseits war, dass es ja so wenig Platz zum Campen hier gäbe und dass ihr Campingplatz schon etwas ganz Besonderes war. Ob das jetzt eher positiv oder negativ gemeint war, konnte ich nicht so richtig erfassen – die beiden haben so unglaublich genuschelt. Aber ja, mit einem Campingmobil ihrer Größe kann ich mir auch gut vorstellen, dass das nicht so easy peasyist, einen Platz zu finden. Da fehlt mir aber irgendwie die Empathie, um da Mitleid zu empfinden. Mal ehrlich: Wo bleibt denn das Campingfeeling, wenn man ein fahrendes 4-Sterne-Hotel mit hat? Vielleicht bin ich da auch etwas engstirnig – korrigiert mich da gern! Eins kristallisierte sich im Laufe des Gesprächs heraus: Der Herr, welcher da am Tisch saß, hatte offensichtlich eine Abneigung gegen junge, alleinreisende und nicht-grüßende Frauen, welche mit diesen VW-Bussen umherfahren und überall ihren Müll hinterlassen. Und mit Müll meinte er ALLEN Müll, wenn ihr mich versteht. In dem Moment schauten Kim und ich uns an und mussten uns beide verkneifen, laut loszulachen. Volltreffer, der Herr.

Ich gehör dazu.

Ich versuchte noch, die Situation zu entspannen, und meinte ganz stolz: „Aber ich habe eine Trockentrenntoilette.“ Ja, war nicht unbedingt ein Grund, dass der Gute aufhörte zu reden. Na ja, seine Frau erlöste uns dann damit, dass sie aus dem Nichts heraus aufstand und meinte, es sei jetzt Zeit für das Bett.


Happy, dass wir endlich Ruhe hatten, konnten wir unser Abendbrot mit etwas mehr Ruhe genießen und das eine oder andere angenehmere Gespräch führen. Am nächsten Tag hieß es dann wieder einmal Abschied nehmen – was mir von Zeit zu Zeit immer schwerer fällt. Im Nachhinein wäre es richtig schön gewesen, noch etwas mehr Zeit mit der lieben Kim zu haben.



SAGRES- schnell  noch ein Tourbild geschossen und ganz schnell weitergedüst
SAGRES- schnell noch ein Tourbild geschossen und ganz schnell weitergedüst

An dem Tag fuhr ich weiter Richtung Sagres, um dort die nächsten Tage zu verbringen. Weil es dort so windig war, hat man sich kaum vor die Van-Tür getraut, und so wurden die Tage etwas entschleunigt. Das Daily Business wie Wäsche waschen, duschen und Abwasch macht sich hervorragend für solche Tage. Das eine oder andere Wohlfühlfrühstück wurde noch genossen, und dann ging es schon weiter nach Faro an einen Wasserfall, welcher zum Träumen einlud. Aber auch hier war es am Abend so voll mit Menschen, welche nur wegen eines Bildes für 2 Minuten ins Wasser gingen und dann wieder abfuhren. Es gab sogar Safari-Ausflüge mit Guides dorthin. Ich versuchte, so lange zu warten, bis endlich weniger Menschen im Wasser waren, und schwamm eine kleine Runde in dem wirklich wundervoll erfrischenden Wasser. Ein bisschen happy über das kleine Bad kehrte ich dann zum Stellplatz direkt darüber zurück. So schön der Wasserfall und die Aussicht auf dem Stellplatz auch waren, muss man auch die andere Seite mitsehen – der Parkplatz, auf welchem ich stand, war neben einem Friedhof, was einem schon ein komisches Gefühl abends gibt.



Am nächsten Tag startete ich sehr früh in den Tag, um das Wasser und den Platz um den Wasserfall ganz für mich allein bei Sonnenaufgang zu genießen. Auch mal ganz bewusst den Moment zu leben. Natürlich habe ich auch Bilder gemacht – auch um einfach die Erinnerungen aufrechtzuerhalten. Ab einem gewissen Punkt lohnt es sich aber immer, auch mal ganz bewusst alles Fotografieren beiseite zu legen und einfach mal tief Luft zu holen. An diesem Tag stand auf dem Plan, nach Spanien zu fahren und meine Schwester zu treffen, die Zeit zu genießen und etwas Ruhe zuzulassen.



In einem Buch, welches ich in letzter Zeit lese, wird oft von einem Flowzustand geredet und dass dieser zum Beispiel bei vielen Menschen entsteht, wenn sie auf das Meer hinausschauen, da der Anblick einen beruhigenden Einfluss hat. Solch einen Flowzustand zu erreichen ist das Ziel – und vor allem auch, positiver durch das Leben zu gehen. Auch jetzt schon die letzten Tage mit meiner Schwester haben mir gezeigt, was ich noch für eine große Entwicklung im Sinne von Persönlichkeit vor mir habe. In einem Gespräch kam die Metapher auf, was Persönlichkeitsentwicklung so bedeutet und wo ich gerade nach meiner eigenen Einschätzung stehe. Auch das sind Dinge, welche mich in letzter Zeit immer mehr beschäftigen – und mit was ich mich auch weiterhin beschäftigen möchte, da das so, so wichtig ist. Stellt euch einfach mal einen Berg vor, welcher einen Gipfelwanderpfad hat. Ganz unten im Tal entscheidet sich, welchen Weg man nehmen wird. (Ich bin offensichtlich noch im Tal.)

Es gibt den Weg, welcher als der einfachste scheint – geradeaus mit einem Anstieg. Dann den Weg, welcher schon etwas Klettererfahrung benötigt, um oben anzukommen.Und dann den Weg (mein persönlicher Favorit), welcher noch „Zeit für eine Abkürzung lässt“, um dann über den einen oder anderen Umweg oben anzukommen.

Jetzt heißt es nur noch, sich zu entscheiden, welchen Pfad ich nehmen mag. Es sei natürlich gesagt, dass man immer und immer wieder in seinem Leben einen anderen Pfad nehmen kann, wenn der ursprüngliche einfach zu anstrengend wird oder man nicht das dafür nötige Know-how hat.




Le Kniffelmaster in persona -ANNA-
Le Kniffelmaster in persona -ANNA-

Ursprünglich sollte der Beitrag hier enden, da ich aber schon viel mehr erlebt habe und nun schon seit mehr als einer Woche mit meiner Schwester unterwegs bin und einfach die Zeit genieße ohne den Druck etwas dokumentieren zu müssen. Es fühlt sich nun auch viel mehr als ein Prozess der persönlichen Entwicklung an welchen man von den richtigen Menschen gespiegelt bekommt. Das regt viel zum Nachdenken und weiterentwickeln an. Ich liebe es auch einfach ins Gespräch zu kommen und einfach über alles in der Welt (oder meiner Welt) existierende zu reden.

Mittlerweile gehe ich auch brav morgens um halb 10 in die Sprachschule in Conil de la Frontera. Die Spanischlehrerin, eine wirklich sehr nette Dame, spricht ohne Ausnahme spanisch mit uns. Die Klasse ist sehr klein und besteht aus 3 Schülern mit mir eingeschlossen. Wie es die deutsche Manier ist meinten alle das wir kein Spanisch sprechen auf die Frage ob wir vorkenntnisse haben. Ich denke die Frage war auch eher eine Floskel denn es gibt keine deutsche Erklärung wenn etwas nicht verstanden wird. Was wirklich nach einer sehr harten Lernmethode klingt hat tatsächlich dazu geführt das die ersten Fortschritte am zweiten Tag zu hören waren. Ich kann jetzt auch verstehen wieviel etwas kostet beim Bäcker und hatte schon ein kleines Highlight in der benachbarten Bäckerei in welcher ich passend bezahlt habe (nein nicht einfach con trajeta, sondern -> pagar en efectivo).

Ich habe jetzt auch Hausaufgaben auf und gehe durch den spanischen Supermarkt doch etwas aufmerksamer um all die Vokabeln welcher gelernt wurden auch nochmal zu wiederholen. Das eine oder andere spanische Gespräch im Cafe wird nun belauscht um genau herauszufinden was da gerade so heiß diskutiert wird.


So verstreichen die Tage nun und ich habe ganz vergessen dabei Bilder zu machen. aber das ist fein, bin ja schließlich im Urlaub


Hasta la proxima!

Ich erledige jetzt meine Hausaufgaben :)

 
 
 

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